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NEUERE BEHAUPTUNGEN

 

Sehen wir uns in diesem Sinne einige neuere Behauptungen zur Frage nach der Entstehung des Auges näher an, die aus den Grundauffassungen der Synthetischen Evolutionstheorie resultieren (zu den Hauptfaktoren der Theorie vgl. meine Dokumentation 1988, pp. 570 - 583):

J. Maynard Smith behauptet zum Beispiel (1987, p. 761):

...complex structures have passed* through a number of stages, each a little better than the last.

...The vertebrate eye could not arise in a single step, but a single light-sensitive cell is better than nothing, a light-sensitive cell with a layer of pigment to one side is better still, and so on. That is to say, evolution is a hill climbing process.

*Von mir unterstrichen.

Ähnlich bemerkt derselbe Verfasser 1988, p. 107:

...an imperfect structure is often not useless: an image-forming eye is fine, but an organ that tells you whether the light is on, or where it is coming from, may be a lot better than nothing, at least if you are a flatworm.

Ununterbrochen wird in neueren und älteren Beiträgen zu diesem Thema dem Leser die "Tatsache der Evolution der Lichtsinnesorgane durch Mutation und Selektion" als einzig denkbare, vernünftige und befriedigende Antwort einsuggeriert (weitere Beispiele unten).

Wenn das alles so einfach und sicher ist, - warum lassen sich dann bis auf den heutigen Tag diese als Tatsachen dargestellten evolutionistischen Prozesse und Transformationen nicht durch die behaupteten Faktoren der Zufallsmutationen und Selektion reproduzieren? Und warum gibt es dann immer noch so viele Plattwürmer und andere Organismen (vgl. Salvini-Plawen und Mayr 1977), die mit ihrer Evolution der Augen oft nicht entfernt so weit gekommen sind, wie ihre weitsichtigen Vettern? (Vgl. in der vorliegenden Arbeit dazu die Diskussion der Fragen auf den pp. 33 Mitte, 45 Mitte, 46, 48, 51, 54 und zum Zeitproblem das Zitat von Fabre p. 1 und von Eden pp. 59/60).

Im übrigen möchte ich hier wieder betonen, dass Smith mit der Vervollkommnung des isolierten Organs arbeitet. Die Synorganisationsfrage wird in der Regel auch von anderen Autoren nicht gestellt.

Durch die gesamte Evolutionstheorie zieht sich ein ungeheurer Anthropomorphismus, der auch in den oben zitierten Worten von J. Maynard Smith zum Ausdruck kommt: "...a single light sensitive cell is better than nothing, a light-sensitive cell with a layer of pigment to one side is better still, and so on." "...an organ that tells you** whether the light is on, or where it is coming from, may be a lot better than nothing, at least if you are a flatworm." Für einen Bandwurm z.B. sind diese Aussagen völlig irrelevant, andere Lebensformen sind ihren Bedürfnissen entsprechend mit unterschiedlich komplexen Lichtsinnesorganen ausgestattet. Wir kommen später noch einmal auf diesen Punkt ausführlicher zurück. Aus menschlicher (anthropomorpher, anthropozentrischer) Sicht, lassen sich die nach Smith zitierten selektionistischen Verallgemeinerungen verstehen: Für uns (und andere hochkomplexe Lebensformen mit entsprechend komplexen Umweltbeziehungen und dafür notwendigen Sinnesorganen wie Insekten und Vögel) wäre fast jeder Differenzierungsschritt eine Verbesserung. Nur erklärt ein solcher Bedarf an komplexen Sinnesorganen weder den Ursprung der komplexen Lebensform (in deren anatomisch-physiologischen Gesamtorganisation samt Beziehungsreichtum zur Umwelt als Rahmen die verschieden hoch differenzierten Lichtsinnesorgane erst sinnvoll ihren Platz in spezifischer Gestalt und Funktion einnehmen können), noch kann man mit der Umweltvernetzung des organismischen Gesamtsystems und dem daraus resultierenden Bedarf an Lichtsinnesorganen, die Entstehung der Augen unbegründet und nicht reproduzierbar durch Mutation und Selektion schlicht und einfach implizieren.

Auf den Einwand Chelvams (1988, p. 10) (Rahmen: NATURE-Diskussion Evolution/Schöpfung.):

On Nature's assertion that people who believe in Genesis are "gullible", it takes more gullibility to believe in darwinism than in Genesis. Darwin himself said that "to suppose that the eye...could have been formed by natural selection, seems, I freely confess, absurd in the highest degree".

- Weist auch Bakken auf die bestehenden unterschiedlichen Differenzierungsstufen der Lichtsinnesorgane im Tierreich hin und meint außerdem (1988, p.10):

In support of his contention that "...it takes more gullibility to believe in darwinism than in Genesis", Chelvam quotes Darwin out of context thus: "to suppose that the eye...could have been formed by natural selection, seems, I freely confess, absurd in the highest degree". Darwin's unquoted, following sentence is, "Yet,...if numerous gradations from a perfect and complex eye to one very imperfect and simple, each grade being useful to its possessor, can be shown to exist...and if any variation...in the organ be ever useful to an animal order changing conditions of life, then the difficulty of believing that a perfect and complex eye could be formed by natural selection...can hardly be considered real."

L. v. Salvini-Plawen and Ernst Mayr have displayed two such graded series of eyes in living prosobranch gastropods and polychaete worms. The body of evidence supporting "creation science" is thus smaller than Chelvam would have us believe.

"Chelvam quotes Darwin out of context thus..."

*P. A. Weiss schreibt 1968, p. 4: "Adaptation, in daily language, means "the state of being adapted" as well as "the process of becoming adapted" (Dynamics of development: experiments and inferences; New York). Um hier Überschneidungen mit der evolutionistischen Zufallslehre zu vermeiden, gebrauche ich im zweiten Teil der Arbeit statt Koadaptation das Wort Synorganisation. **Von mir unterstrichen.

(Vgl. auch p. 44 und p. 77 zu dieser Frage in der vorliegenden Arbeit.) Wenn man nur zeigen möchte, dass Darwin - trotz aller Erklärungs- und Selbstüberredungsversuche - noch Zweifel bei diesem Thema hatte (und wer wollte ihm das vorwerfen!) -, dann kann man ihn schon einmal so zitieren. Ich selbst empfinde es allerdings auch als überzeugender, wenn möglich, größere Zusammenhänge aufzuzeigen und die darin auftretenden Widersprüche herauszuarbeiten.

Wie das obige Zitat und der Gesamttenor des Kommentars zeigen, hält Bakken mit den morphologischen Serien Salvini-Plawens und Mayrs den Einwand Chelvams für widerlegt.

Mit der Existenz verschiedener Differenzierungsstufen wird hier und an tausend anderen Stellen die Transformation und Evolution durch Mutation und Selektion durch alle Stufen hindurch kurzerhand impliziert. Die Frage nach der mathematischen Wahrscheinlichkeit und der Reproduzierbarkeit der postulierten evolutionistischen Prozesse wird dabei gewöhnlich nicht gestellt. Denn das könnte ja wohl nur zu solch ärgerlichen Fragen führen, ob denn die postulierten Aufwärtsentwicklungen und Verfeinerungen der Lichtsinnesorgane einschließlich der "dazugehörenden" Lebensformen durch Mutation und Selektion überhaupt in die Kategorie der naturwissenschaftlichen Tatsachen einzuordnen sind!

Zur Fragwürdigkeit der evolutionistischen Methodik sei auch an Kuhns Hinweis auf den Zirkelschluss erinnert (siehe p. I):

"Die Ähnlichkeit der organischen Naturformen erklärte man durch Entwicklung, diese wieder bewies man durch die abgestufte Ähnlichkeit..."

Hitching zitiert (1982, p. 98) zur Darstellung einer solchen Serie unterschiedlicher Lichtsinnesorgane aus Sir Gavin de Beer's Atlas of Evolution folgenden Kritikpunkt:

This mere listing of eyes from various animals, which he neglects (or is unable) to show to be related can carry no conviction for the case for evolution. It would be equally stupid to place a candle, a torch and a searchlight side by side and proceed to advance to a genealogic relationship.

Aus naturwissenschaftlicher Sicht bleibt die Forderung nach dem Beweis für die postulierten genealogischen Zusammenhänge und dem Aufbau der Augenstrukturen durch Mutation und Selektion unverzichtbar.

Von Bakken stammen darüber hinaus weitere Einwände, auf die ich hier noch kurz zu sprechen kommen möchte (Details zu Salvini-Plawens und Mayrs Beitrag siehe unten). So ist er z.B. der Auffassung, dass sich aus der Annahme einer intelligenten Schöpfung schwerwiegende theologische Probleme ergeben (ebenfalls 1988, p. l0):

Chelvam clearly proposes to hold the Creator personally responsible for all the details of biological design, without appreciating the theological problems that result. A notable example is again the human (or any vertebrate) eye, which is so badly bungled that a mortal engineer would be defenceless before a product liability suit.** The retina is installed backwards, with the neural connection to the brain interposed between the photoreceptor and the light source. As a result, the neural connections must eventually be gathered together and brought through the retina, resulting in the well-known blind spot that the reader will perceive lateral to the fovea.

This is no trivial defect, but the inevitable product of an evolutionary process constrained at an early stage, when the orientation of the photoreceptors in a simple eyespot was of no significance. Rather than support the concept of an incompetent Creator that follows from biblical literalism, thoughtful theologians see Scripture and the Creator more as did Isaac Newton in his 1681 letter to Thomas Burnett: "As to Moses...he described realities in a language artificially adapted to ye sense of ye vulgar....Where natural causes are at hand, God uses them as instruments in his works, but I do not think them sufficient for ye creation..."

*Creation science ist ein weiter Begriff. Ich folge nicht Chelvams Zeitvorstellungen und Ideen. **Hier, wie auch in den folgenden Zitaten, immer von mir unterstrichen!

Ähnlich schreibt Dawkins 1986, p. 93:

Any engineer would naturally assume that the photocells would point towards the light, with their wires leading backwards towards the brain. He would laugh at any suggestion that the photocells might point away from the light, with their wires departing on the side nearest the light. Yet this is exactly what happens in all vertebrate retinas.

Weitere Beispiele bei Drischel und Kirmse 1979. Diese für das evolutionistische Weltbild charakteristischen Aussagen lassen sich bis auf Helmholtz zurückführen.

Viele Kenner der Materie sind allerdings nicht der Auffassung, dass das menschliche Auge nur ein Stümperwerk ist, das seinem Schöpfer Schande bereiten würde. Das möchte ich mit den folgenden Zitaten verdeutlichen:

Krause, 1986, p. 157:

Vergleichen wir die Mikrostrukturen der Netzhaut mit den neuesten Ergebnissen der Entwicklung von Bildaufnahmeröhren (Vidicons), so wird die große Überlegenheit der biologischen Apparate deutlich. Das Target ("die Netzhaut") einer solchen Vidiconröhre besteht aus 6 x 105 bis 6 x 106 Siliziumfotodioden von je 0,15 bis 0,20 mm Kantenlänge und ist rund 100 cm2 groß. Es arbeitet bei schwachem Tageslicht in überdachten Räumen und wird bei hellem Sonnenlicht nicht übersteuert. Das ist als ein großer Fortschritt gegenüber älteren Vidicons zu betrachten, die in Räumen nur mit künstlicher Beleuchtung arbeiten konnten.

Im Auge ist die 100fache Menge von Rezeptoren auf einem Fünfzigstel der Fläche untergebracht. Die maximale Lichtempfindlichkeit der Stäbchen und Zapfen ist wesentlich größer als die der Fotodioden und stellt sich außerdem automatisch auf die vorhandene Helligkeit ein.

Je näher wir in Zukunft an die Leistungsfähigkeit des menschlichen Auges durch weitere verbesserte und verfeinerte technische Systeme herankommen werden, desto größer wird unser Respekt vor der Leistung der Konstrukteure und Ingenieure sein! Auch spricht beim heutigen noch relativ geringen Leistungsniveau der technischen Systeme kein vernünftiger Mensch von miserabel zusammengestümperten Systemen, die ein sterblicher Ingenieur in einem Haftpflichtprozess nicht verteidigen könnte.

In dem Buch DAS LEBEN - WIE IST ES ENTSTANDEN? DURCH EVOLUTION ODER DURCH SCHÖPFUNG? lesen wir (1985, p. 18):

"COMPUTERWISSENSCHAFTLER IN IHREM VERSUCH, DAS MENSCHLICHE SEHVERMÖGEN NACHZUAHMEN, GESCHEITERT" - Unter dieser Schlagzeile berichtete die New York Times: "Experten, die einen der kühnsten Träume der Menschen - denkende Maschinen zu bauen - verwirklichen wollten, sind beim ersten, scheinbar einfachen Schritt gescheitert. Sie konnten das Sehvermögen nicht nachahmen. Nach 20jähriger Forschungsarbeit müssen sie den Maschinen immer noch Anweisungen zur Bewältigung der scheinbar einfachen Aufgabe geben, alltägliche Gegenstände zu erkennen und voneinander zu unterscheiden.

Daher haben sie erneut tiefen Respekt vor dem hochentwickelten Sehvermögen des Menschen bekommen....Die Netzhaut des menschlichen Auges läßt die Computerwissenschaftler neidisch werden. Ihre 100 Millionen Stäbchen und Zapfen sowie ihre Nervenzellschichten bewältigen mindestens 10 Milliarden Rechenvorgänge in der Sekunde.* (William J. Broad: Computer Scientists Stymied in Their Quest to Match Human Vision". The New York Times, 25. September 1984, S.Cl.)

*Nach einer Meldung der dpa vom 20.2.1989 liegt der Mikroprozessorenrekord zur Zeit bei 70 Million Rechenvorgängen pro Sekunde. Die Netzhaut ist also immer noch rund 143mal besser als die derzeit besten Mikrochips der Welt, und ob wir mit der Technik jemals ganz an die Leistungen der Schöpfung herankommen, bleibt abzuwarten.

Respekt bis zum Neid vor einem Stümperwerk, das seinem Erbauer Schande bereiten würde?

Darnell, Lodish und Baltimore schreiben 1986, p. 765:

Many sensory transduction systems convert signals from the environment - light, taste, sound, touch - into electrical signals in certain neurons. These signals are collected, integrated, and processed by the central nervous system. The sensory system understood in most molecular detail is that of the photoreceptor rod cells. Absorption of even a single photon results in hyperpolarization of the plasma membrane and affects the release of chemical transmitters to adjacent nerve cells. The photon causes isomerization of 11-cis retinal bound to rhodopsin. The modified opsin causes the activation of a transducer protein called transducin (T) by catalyzing exchange of free GTP for bound GDP. Activated T x GTP, in turn, activates a cGMP phosphodiesterase. The resultant lowered level of cGMP causes closing of the membrane Na+ channels.

Ein Stümperwerk, das noch auf ein einziges Photon reagiert - oder ein Meisterstück aus der Werkstatt der Schöpfung, aus der Hand Gottes?

Bernard und Offret bemerken 1985, p. 405 und 406:

L'importance physiologique de l'oeil n'a pas besoin d'être soulignée. Quand la destruction de cet organe est complète et bilatérale, il y a cécité: c'est une des infirmités les plus lourdes qui soient, et à juste titre la plus redoutée.

Weiter Bernard und Offret:

La physiologie de l'oeil est à la fois assez simple et très complexe. Simple, quand on considère l'oeil comme une manière d'appareil photographique: il y a là un système de lentilles transparentes, projetant sur l'écran rétinien une image. En réalité, un tel phénomène est déjà un prodige de la nature, qui construit ce système optique, avec - on le sait maintenant - des performances physiques dépassant largement les possibilités de la technologie moderne. Complexe, quand on pense que l'oeil est capable d'accommoder instantanément son système optique selon la distance de l'objet observé! Lorsqu'on sait que si la sensation visuelle obéit aux lois générales des sensations, elle le fait avec une certaine originalité qui s'exprime par l'étendu du registre d'intensité lumineuse qu'elle peut apprécier ou supporter et par l'étendue de la gamme des couleurs perçues. Il n'a pas été facile de comprendre comment le grain de lumière, ou photon, se transformait en cette sensation lumineuse si finement analysée. L'exploration de la fonction visuelle n'est donc pas terminée malgré les travaux modernes (R. Granit, G. Wald, K. Brown).

Ist das wirklich nur ein Stümperwerk, das nach über hundert Jahren intensivster wissenschaftlicher Arbeit und Tausenden von wissenschaftlichen Publikationen, sich immer noch als so komplex erweist, dass es alle Möglichkeiten der modernen Technik übertrifft und obendrein bis heute nicht völlig verstanden werden kann? - Oder doch besser ein Meisterstück im Sinne des Psalmisten David: "Ich werde dich lobpreisen, weil ich auf furchteinflößende Weise wunderbar gemacht bin. Deine Werke sind wunderbar, Wie meine Seele es sehr wohl weiß"?

Fahle fasst (1987, p. 383) die Hauptpunkte zur Frage "Wozu zwei Augen" wie folgt zusammen:

Having two eyes instead of just one is advantageous in at least six respects: the danger of blindness is decreased, the visual field is enlarged, stereoscopic depth perception is possible on the basis of binocular disparities, the position of the eyes relative to the head can be computed from the images of both eyes, visual obstacles in front of the horopter perceptually shrink, and the signal-to-noise ratio is increased.

Ganz im Geiste der Zeit stellt der Autor dann fest, dass 'es höchst vorteilhaft ist, daß uns die Evolution mit zwei Exemplaren eines Organs ausgestattet hat, das so verletzbar ist wie das Auge'. Wenn "die Evolution" als Naturgesetzmäßigkeit so etwas durch Mutation und Selektion kann (und das mehrmals zustande gebracht hat), dann sollte das auch prinzipiell reproduzierbar sein! Das an solchen Stellen übliche "Hinausreden auf die Wirkung der Zeit" ist übrigens ein völlig haltlos-unwissenschaftliches Ausweichmanöver, solange man nicht die Wahrscheinlichkeitsstruktur der Ereignisse und Veränderungen, die sich in dieser Zeit abspielen, kennt (vgl. pp. 59/60). Denn jeden Unfug könnte man behaupten, - etwa die Entstehung griechischer Tempel durch geologische Faktoren (ein Beispiel Wigands), die plan- und ziellose Erzeugung von Nähmaschinen durch rein physikalische Prozesse weit ab vom thermodynamischen Gleichgewicht, die Entstehung von Kühlschränken genauso planlos im Zuge der Eiszeit etc. - und dann, wenn es um den naturwissenschaftlichen Beweis, die Reproduzierbarkeit der behaupteten Ereignisse geht und absolut nichts mehr klappt, die Behauptungen mit "der Wirkung der Zeit" gegen jeden vernünftig-realistischen Widerlegungsversuch total immunisieren.

Und hier erhebt sich überdies die Frage: Wenn das Auge wirklich nur so eine miserabel zusammengestümperte ("badly bungled") Fehlleistung der Natur wäre (wie Bakken und andere behaupten), - warum ist man dann nicht einmal in der Lage, wenigstens ein solches Stümperwerk der Evolution durch Mutation und Selektion zu reproduzieren?

Aber zurück zur Realität: Landel, Zhao, Bok und Evans berichten zur Ontogenese des Wirbeltierauges 1988, p. 1173:

The eye is a precise optical system that requires carefully coordinated morphogenesis of a number of distinct structures for proper function.

- Worauf eine ausführliche Besprechung der synorganisiert-komplexen Prozesse der Linsenbildung folgt (dort auch Aufführung neuester Literatur).

Im Rahmen seines Geleitwortes zum Buch Biochemie des Auges hebt Naumann hervor, dass Gestalt und biochemisch erfassbare Vorgänge bei einer gründlichen Betrachtung des Auges untrennbar miteinander verknüpft sind und bemerkt u.a. 1985, p. I:

Wir Augenärzte bekennen uns gern zu einer Faszination über die sichtbaren Strukturen des Auges...

Und ein weiteres Mal: Faszination eines Kenners über ein Stümperwerk der Evolution, das in keinem Haftpflichtprozess bestehen könnte - oder über ein göttliches Meisterwerk?

Aber kommen wir auf die von den Kritikern der Intelligent-Design-Theorie aufgeworfenen Fragen zu sprechen. Zur Retinalage und zum blinden Fleck schreibt Dewar 1957, p. 207:

As to the relative positions of the nerves and rods and cones, I know of no mechanical or physiological reason why both nerves and rods and cones should not all have developed in the lower layer of the optic cup, the upper layer becoming absorbed, or (as happens in the case of Sphenodon...) developing into the lens. The fact that this does not happen, that the method of development followed in the pineal eye of Sphenodon is not adopted in this case, indicates that there is some advantage in the present positions of the sensitive parts of the retina. As to the alleged inconvenience of the "blind spot" in the vertebrate eye, I shall be beholden if anyone can furnish me a single instance of an animal being captured, or missing food owing to its blind spot.

Hier erhebt sich die Frage, worin die Vorteile der bestehenden Retinalage bei den Wirbeltieren und anderen Tierklassen bestehen könnten. Rohe gibt 1977 den Hinweis, dass die Stäbchen und Zapfen (in denen ja ununterbrochen biochemische Reaktionen und Prozesse ablaufen) durch ihre Annäherung an die stark durchblutete Aderhaut wohl so am besten versorgt werden können. (Details zu funktionellen Zusammenhängen siehe auch Zinn und Marmor (Hrsg.) 1979, Bito und DeRousseau 1980, Rauber/Kopsch (Hrsg. H. Leonhardt et al.) 1987.)

Wie schon angedeutet, tritt eine inverse Retina vielfach unabhängig voneinander in sehr verschiedenen Tiergruppen auf (Details bei Salvini-Plawen und Mayr 1977). Selbst nach neodarwinistischen Voraussetzungen ist nicht anzunehmen, dass die Selektion, die in Hunderten und Tausenden von Mikromutationsschritten "aufmerksam jede geringe Veränderung der durchsichtigen Lagen" und von allen anderen Strukturen des Auges beobachten und sorgsam jede Verbesserung erhalten soll (vgl. Darwin zitiert p. 57 Absatz W), am laufenden Band und immer wieder von neuem dasselbe Stümperstück einer inversen Retina hervorbringen würde.

Nach neodarwinistischen Voraussetzungen müsste die Selektion bereits die Orientierung der Photorezeptoren in einem einfachen Augenfleck dirigieren.

Jedenfalls ist die Auffassung, dass mit dem speziellen inversen Aufbau der Retina der Wirbeltiere und anderer Tiergruppen besondere (aber noch unbekannte) Funktionen vorliegen könnten, wissenschaftlich grundsätzlich fruchtbarer als von vornherein von evolutionistisch bedingten Fehlkonstruktionen zu reden und dadurch gar nicht erst nach weiteren funktionellen Ursachen zu fragen, - was der Forschung wenig Antrieb gibt.

Wer sich einmal einen Überblick über die neuere Literatur zum Themenkreis Anatomie, Biochemie, Ontogenese und Genetik des Auges verschafft hat und einmal versucht, sich die ganze Komplexität an Strukturen und Prozessen im Detail vorzustellen und sich dabei bewusst wird, dass noch längst nicht alles erforscht ist (es bedürfte einer "Vision", um in einem Moment alles vollständig zu erfassen!), der kann nur noch feststellen, dass sich Evolutionisten mit Behauptungen von fehlkonstruierten Wirbeltieraugen in jeder Hinsicht selbst disqualifizieren: Als Biologen und/oder Naturwissenschaftler, die nichts von der Sache verstehen und mit falschen Annahmen nur die wissenschaftliche Forschung behindern; als Menschen, die - statt nach der Wahrheit zu forschen - leicht zu durchschauende Falschdarstellungen völlig unkritisch und unreflektiert Übernehmen und propagieren; und obendrein auch noch als Ideologen, die zur Verteidigung ihrer Ideologie mit Behauptungen aufwarten, die im schwersten Widerspruch zu den fundamentalsten Annahmen ihrer eigenen Lehre stehen. Und den letzteren Punkt wollen wir noch etwas stärker hervorheben: Darwin, Mayr, J.M. Smith und viele andere, - sie alle sprechen immer wieder von Vervollkommnung und/oder laufenden Verbesserungen in der Entwicklung des Auges und der Entwicklung der Lebensformen überhaupt (siehe Darwin-Zitate pp. 43 - 63 der vorliegenden Arbeit und Smith p. 79). Im Laufe von Hunderten von Millionen von Jahren an Milliarden von Individuen arbeitet die Selektion bis zur Vollkommenheit.

Der französische Nobelpreisträger Francois Jacob hat den Gedanken auf der genetischen Ebene einmal wie folgt formuliert (1973/1987, p. 397):

The genetic message, the programme of the present-day organism...resembles a text without an author, that a proof-reader has been correcting for more than two billion years, continually improving, refining and completing it, gradually eliminating all imperfections.

- Und als Resultat dieser Jahrmillionen und Jahrmilliarden* währenden natürlichen Zuchtwahl, die "mit unfehlbarer Geschicklichkeit jede Verbesserung ausliest" und sogleich millionenmal vervielfacht (vgl. Darwin, zitiert pp. 58/59), die "ununterbrochen verbessert, verfeinert, vervollkommnet und schrittweise alle Unvollkommenheiten eliminiert" - nun das menschliche Auge, das "so miserabel zusammengestümpert ist, das ein sterblicher Ingenieur in einem Haftpflichtprozess nicht sein Produkt verteidigen könnte"?

Als begeisterter Neodarwinist schreibt Ruse 1986, p. 513:

With a growing number of distinguished evolutionists - including Ernst Mayr, Edward O. Wilson, and Francisco J. Ayala - I believe that Darwinism is more than just a scientific theory. It is the basis for a full world view, a Weltanschauung. (Von Ruse kursiv)

Die oben zitierten Behauptungen und Widersprüche sind keine Frage der Intelligenz, sondern das Resultat dieser Weltanschauung, die sich in dem Bemühen, die Schöpfung ohne den Schöpfer zu erklären, in immer neue Widersprüche verstrickt.

Sehen wir uns dazu weitere neuere Arbeiten an.

*Es gibt zunehmend Schwierigkeiten mit dem Aktualismus. Um nicht ein weiteres Thema zu beginnen, setze ich die übliche geologische Zeitrechnung hier jedoch undiskutiert voraus.


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