Unerwartete "Conservation" auf molekularer Ebene: Eine weitere Bestätigung von Mendels Konstanzkonzept
(Fortsetzung des Briefes:) Weiter ist
hervorzuheben, daß die
Evolutionslehre in
den
letzten Jahren die gleiche (und wieder völlig unerwartete)
Überraschung jetzt auch auf biochemischem und genetischem Gebiet
erlebt hat. Hier einige Aussagen führender Evolutionstheoretiker. A.
Zazcano und S. Miller schreiben in der Zeitschrift Cell, Bd. 85, 1996, S.
797:
"After the explosive metabolic evolution that took
place soon
after the beginning of life, the basic genetic processes and
major molecular traits have persisted essentially
unchanged for more than three-and-a-half billion
years, perhaps owing to the linkages of the genes involved and the
complex interactions between different metabolic routes. At a
macroevolutionary level, this represents a case of
conservation that is even more striking than the
maintenance of the major body plans that appeared at the base of
the Cambrian, and which have remained basically unchanged for
600 million years."
J. A. Shapiro gibt ein Beispiel und erklärt daran
anschließend,
warum diese Konstanz für die Evolutionstheorie so überraschend
ist (in: Transposable elements and evolution, J.F McDonald, ed., 1993, S.
338) :
"I think it was a big surprise when a human cDNA
clone was
found to correct a cdc mutation in yeast. One has only to read News
and Views in Nature to find many similar examples. This was
really a surprise to people. The degree of conservation in function
between proteins from different organisms is something that was
totally unexpected."
Und warum war diese Konstanz so total unerwartet? Weil
man aufgrund der
Evolutionstheorie etwas völlig anderes postuliert hatte. Shapiro
fährt fort:
"The prevailing idea was that each particular gene
is going to
accumulate many changes over long periods of time and that
this was how one organism turned into another."
Und genau dieselbe evolutionstheoretisch bedingte
Fehleinschätzung
hat Prof R. W. Kaplan noch 1990 in der öffentlichen Diskussion mit
mir vertreten! Diese falschen Erwartungen resultieren jedoch ganz
folgerichtig aus der evolutionistischen Grundauffassung (Philosophie),
nach der sich alles verändert und nichts konstant ist. Da die
biologischen Tatsachen dieser Grundauffassung nicht entsprechen, ist
logischerweise die Evolutionslehre falsch.
(Im Rahmen dieses Anhangs sollte ich vielleicht anmerken, daß
diese
Schlußfolgerung für die meisten meiner evolutionstheoretisch
orientierten Freunde
grundsätzlich nicht annehmbar ist. Widerlegen kann man nach ihrer
Auffassung nur bestimmte Evolutionshypothesen, niemals aber die Evolution
selbst. Die Evolution ist das Ding an sich, das über und hinter
allen Dingen steht. Diese Nichtwiderlegbarkeit wird jedoch seit Popper zum
stärksten Argument gegen die Evolutionslehre überhaupt. Denn
prinzipiell nicht widerlegbare Thesen gehören nicht zur
Naturwissenschaft. - Für meine Position habe ich
übrigens schon wiederholt klare Falsifikationskriterien
genannt; vgl. Lönnig 1991, 1995.)
Die Konstanz der Genfunktionen findet sich noch auf
einer weiteren (und
ebenso ganz und gar unerwarteten) Ebene wieder, nämlich der Ebene der
molekularen Mechanismen, die die Individualentwicklung (Ontogenese) im
ganzen Tierreich steuern.
E.M. De Robertis bekennt 1994, S. 13 (in: Guidebook to
the homeobox genes,
D. Duboule, ed.) :
"...it is safe to say that no one would have
predicted the degree
of conservation in the molecular mechanisms that control
development. (S. 16:)...the molecular mechanisms that determine
the antero-posterior (A-P) axis has been conserved in evolution to a
degree beyond anyone's wildest expectations (lit..).
C. Nüsslein-Volhard, die vor kurzem den Nobelpreis
für ihre
Forschungen auf dem Gebiet der Entwicklungsbiologie (nicht zu verwechseln
mit "Evolutionsbiologie") erhielt, schreibt ähnlich (1996, S. 38,
Scientific American, August 1996):
"...one great surprise of the past five years has
been the
discovery that very similar basic mechanisms, involving
similar genes and transcription factors, operate in early
development throughout the animal kingdom."
B. Lewin formuliert das Problem am Beispiel der
Hox-Gene in seinem
Lehrbuch Genes V, 1994, S. 1177 wie folgt:
"The most striking feature of organization of the Hox
loci still
defies explanation: why has the organization of the cluster, in
which genomic position correlates with embryonic expression, been
maintained in evolution?
Er diskutiert anschließend mehrere
Denkmöglichkeiten und
läßt die Frage dann offen.
Dan Hultmark schreibt in Nature (Bd. 367; 13. Jan. 1994, S.116, zum
Vergleich
Wirbeltiere und Insekten):
"Insects look nothing like vertebrates, and their organ
systems
seem to be built on entirely different principles.
Nevertheless, as we get a better understanding of how these
systems operate at the molecular level, unexpected similarities are
emerging. Among them must now be counted similarities in the respective
immune defences, as reported in two recent papers."
Ihre Überraschung über die folgende
Entdeckung bei Insekten und
Vögeln (nach Hinweis auf zahlreiche molekulare Ähnlichkeiten
innerhalb der Wirbeltiere) formulieren M. J. Cohn und C. Tickle wie folgt
(Trends in Genetics, July 1996, S. 256):
"Even more remarkable is the conservation of molecules
involved in
patterning insect wings and vertebrate limbs. Signalling molecules
common to vertebrates and Drosophila limbs include Shh (hh), Wn
7a (wg) and Bmp (dpp). The recent finding that chick LMX1 and
the related apterous gene in Drosophila are expressed dorsally in
wing buds and imaginal discs is striking."
Hier kann man nicht einmal mehr die beiden
geflügelten Tiergruppen
von einem gemeinsamen, ebenfalls geflügelten Vorfahren ableiten. Denn
bekanntlich werden Insekten und Wirbeltiere nach evolutionstheoretischen
Vorstellungen zwar von einem gemeinsamen, aber nicht geflügelten
Vorfahren abgeleitet. Die völlig unterschiedlich gestalteten
Flügel der Insekten und Vögel sollen dann später vollkommen
unabhängig voneinander entstanden sein (Musterbeispiel für
Analogie in bald jedem Lehrbuch seit über hundert Jahren). Und jetzt
finden wir ganz spezifische, verwandte (konservierte) DNA-Sequenzen und
-funktionen für die Bildung nicht-verwandter (völlig
andersartiger) Strukturen!
Kein Evolutionist hat diese Konstanz der Genfunktionen
und molekularen
Mechanismen der Ontogenese und der "basic genetic processes and major
molecular traits" vor ihrer Entdeckung erwartet oder auch nur für
möglich gehalten. (Es sei daran erinnert: Mehr als dreieinhalb
Milliarden Jahre sollen die letzteren und mehr als eine Milliarde Jahre
sollen die molekularen Mechanismen der Ontogenese im wesentlichen konstant
geblieben sein.)
Diese Konstanz steht im schärfsten Kontrast zu
allen grundlegenden
Erwartungen und Postulaten der Evolutionslehre ("alles fließt"),
genauso wie die Konstanz der Baupläne und der lebenden Fossilien.
Evolutionstheoretisch erwartet wurden auf allen Ebenen
Veränderungen
bis zur Unkenntlichkeit (denn nichts ist konstant, alles verändert
sich und entwickelt sich ununterbrochen weiter). Gefunden wurde dagegen
"conservation...totally unexpected" und Konstanz "to a degree beyond
anyone's wildest expectations": Daher, "a great surprise" and "the big
surprise". Stimmt die Evolutionslehre mit den naturwissenschaftlichen
Tatsachen überein?
Wie sieht es mit der Schöpfungslehre aus? Nach
Hinweis, daß die
grundlegenden Prozesse , die die Ontogenese aller Metazoen beherrschen,
dieselben sind, bemerkt Nicholas Short (Nature Bd. 378, S. 331, 1995): "As
well as its intrinsic intellectual elegance, such a principle would
greatly simplify the application of results obtained in one phylum to
another."
"Intrinsic intellectual elegance" kann man ohne
Schwierigkeiten dem Werk
des genialen Schöpfers zugestehen. Der Schöpfer gebraucht die
gleichen bewährten molekularen Bausteine, die bewährten
Genfunktionen und molekularen Mechanismen (auch "basic genetic processes
and major molecular traits") und erschafft damit eine ungeheuer
vielgestaltige und reichhaltige Organismenwelt. So wie wir mit 26
Buchstaben in einer Sprache Millionen der unterschiedlichsten Werke zu
den verschiedensten Themen verfassen können (unter Benutzung
derselben Grammatik und desselben Wortschatzes - plus Erweiterung durch
Wortneuschöpfungen für spezifische Zwecke), so hat Gott in der
"DNA-Sprache" unter Benutzung desselben "Wortschatzes" plus
"Wortneuschöpfungen" die unterschiedlichsten Lebensformen erschaffen.
Ernest Pollard schreibt in Nature Bd. 381, S. 730
(1996): "Together with
Lord Rayleigh I consider this knowledge (the knowledge gained by the
careful study of nature) to be revelation of the works of a supreme being.
I pay them respect and in doing so pay respect to the supreme being. I
consider this to be wise." - Wobei der Schwerpunkt des Respekts auf "the
supreme being" liegen sollte (Verhältnis Künstler und Werk).
Es sei erwähnt, daß Herr Dr.A. auch zur
Konstanz auf der
molekularen Ebene keine evolutionstheoretische Erklärung gegeben
hat.
Im übrigen steht die Forschung trotz der oben
aufgeführten
(zusammenfassenden) Aussagen und Dokumentation von zahlreichen gemeinsamen
entwicklungsgenetischen Grundlagen und Übereinstimmungen in der
Tierwelt auch hier noch ziemlich am Anfang, so daß im Verlauf der
weiteren Forschung auch noch sehr interessante Unterschiede zutage treten
dürften (ähnlich hat sich kürzlich auch
Nüsslein-Volhard geäußert). Im Spektrum der Wissenschaft
konnte ich 1995 auf einige solche Unterschiede bei den Blütenpflanzen
aufmerksam machen (Kopie anbei). Die Evolutionslehre kann weder die
Konstanz der Gemeinsamkeiten noch die Entstehung der Unterschiede
hinreichend erklären.