VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE 1989
Die erste Auflage der vorliegenden Schrift wurde im November 1976 publiziert (vgl. Anzeige in Naturwissenschaftlicher Rundschau 11/76). Innerhalb eines Jahres waren die 1000 Exemplare vergriffen und die weitere Nachfrage hält nun schon über 12 Jahre weiter an. (Ich habe zwischendurch immer wieder ein paar Kopien angefertigt.)
Für die 2. Auflage konnte ich den Text von 1976 fast unverändert lassen, da alle wesentlichen Punkte nicht nur nach wie vor voll zutreffen, sondern eine ganze Reihe von Argumenten heute noch besser dasteht als schon vor 12 Jahren: So ist das Konvergenzargument durch weitere Forschungen noch deutlicher geworden: Photorezeptoren z.B. sollen sich mindestens 40-, wenn nicht 65-mal unabhängig voneinander durch Zufallsmutationen und Selektion gebildet haben (vgl. Salvini-Plawen und Mayr 1977, p. 209; zitiert p. 87 der vorliegenden Arbeit). Linsenaugen sollen sich mindestens 15-mal unabhängig voneinander entwickelt haben (vgl. Zitat Köhler p. 19 und Salvini-Plawen und Mayr 1977, p. 255).
Das Thema der mutationsbedingten Variabilität (vgl. z.B. pp. 41 - 43) konnte aufgrund der umfangreichen Sichtung mutationsgenetischer Forschungsergebnisse sowie über zehnjähriger eigener experimenteller Forschungsarbeit auf diesem Gebiet durch das GESETZ DER REKURRENTEN VARIATION ergänzt werden (vgl. Lönnig 1986/1988). Es ist jedenfalls eine Freude, nach über 12 Jahren so viele Punkte der Arbeit im Ansatz und auch im Detail richtig bestätigt zu finden.
Die neodarwinistischen Arbeiten, die in der Zwischenzeit erschienen sind, haben prinzipiell nichts Neues zu bieten, - was ich im Detail auf den Seiten 77 bis 121 diskutiert habe.
Interessant dürfte für den Leser die Reaktion von neodarwinistischer Seite auf diese 'Augen-Arbeit' sein. Die Reaktionen waren in Dutzenden von Diskussionen durchweg mehr von Emotionen als von sachlichen Einwänden geprägt. Und das ist noch sehr wohlwollend beschrieben. Genauer gesagt, kamen überhaupt keine stichhaltigen Einwände; meistens wurde nicht einmal der Versuch dazu gemacht. Dazu einige Beispiele: Ein Biologe sagte mir offen, dass er gegen die logisch-sachliche Argumentation nichts einwenden könne, ihr aber auch nicht folgen wolle, weil das seiner gesamten bisherigen Denkweise zum Ursprungsthema widerspräche. Als ich einen anderen Biologen nach sachlichen Einwänden fragte, meinte er nur, dass es so jedenfalls nicht gehe. Ein dritter schrieb mir, wir wüssten es seit Darwin besser (womit die Argumentation beendet war). Ein vierter - Biomathematiker und Computerspezialist an einem weltbekannten Institut - schlug vor, die Wahrscheinlichkeiten besser nicht zu multiplizieren sondern nur zu addieren (wenn das so einfach wäre, müsste man "die Evolution" auf alle Fälle reproduzieren können). Das "beste" Argument zu meiner Arbeit war die Empfehlung, 'es mit den Tatsachen doch nicht ganz so genau zu nehmen; wo kämen wir denn sonst hin' (ein führender Biologe). Mein Einwand dazu war, dass wir dann besser die ganze Wissenschaft sein lassen sollten.
Nach zahlreichen solchen Erfahrungen hat sich bei mir der Eindruck verstärkt, dass man die Evolutionslehre nur noch unter Aufgabe fundamentaler biologischer Fakten und unter Verzicht mathematischer Grundwahrheiten aufrechterhalten kann.
Emotionaler Aufruhr ohne jede Sachargumente ist zwar nicht angenehm, aber doch auf die Dauer eine der sichersten Bestätigungen, dass man auf dem richtigen Wege ist. Sachlich richtige Ausführungen kann man zwar mit emotionalem Aufruhr eine zeitlang vernebeln, aber niemals widerlegen. Ich bin überzeugt, dass schließlich die Sachargumente und die Wahrheit die Oberhand gewinnen werden.