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VORWORT ZUR 3. AUFLAGE

In der vorliegenden dritten Auflage habe ich etwa 200 weitere Literaturangaben eingearbeitet, zumeist aus den Jahren 1986 und 1987, aber auch schon einige Punkte von Anfang 1988. Ich habe darüber hinaus noch Hunderte von weiteren Arbeiten gesammelt, die man als detaillierte weitere Bestätigung in den verschiedensten Kapiteln unterbringen könnte:

Serienweise weitere Primärliteratur zum Thema Hybridbildung bei Pflanzen und Tieren, Artbegriff und Chromosomenzahlen, Chromosomenfeld, Mutationsforschung, Genregulation in der Ontogenese etc.. Nun sind ja diese Punkte bereits an so vielen Beispielen erläutert und abgesichert, dass es mir nicht sinnvoll erscheint, die Arbeit mit redundanten Angaben um weitere 200 Seiten aufzustocken. Ich habe mich daher auf die wichtigsten Arbeiten beschränkt, - Arbeiten, die entscheidende Punkte vertiefen oder ergänzen.

Ganz im Hintergrund bekümmert mich dabei, dass es Zeitgenossen gibt, die nur noch druckfrischen Ergebnissen einen gewissen Stellenwert einzuräumen bereit sind, aber alles, was ein paar Jahre alt ist, schon nicht mehr gelten lassen wollen. So gesehen können wir die gesamte Wissenschaft sein lassen, denn alles, was heute publiziert wird, wäre dann in ein paar Jahren nur noch "Schrott". Ich bin aber der festen Überzeugung, dass es neben Modeerscheinungen, Fehlern und Unvollkommenheiten als Dokumenten der Zeit, auch eine sichere und unumstößliche Komponente in den Naturwissenschaften gibt: die exakte Konstatierung von Tatsachen und Gesetzmäßigkeiten (siehe auch Einleitung pp. 10 - 12). Und diese bilden das bleibende Fundament der vorliegenden Arbeit.

Der durchweg induktive Aufbau des Buches verlangt dem Leser allerdings einiges an Merkfähigkeiten und Geduld ab. Zu den Schwierigkeiten von Mendels Beitrag von 1866 bemerken Monaghan und Corcos 1987, p.117, in ihrer Arbeit REEXAMINATION OF THE FATE OF MENDEL`S PAPER:

...the paper is not easy to follow because its presentation is inductive. This approach requires the listeners to keep a large body of facts properly organized in their minds without any clear view of the relation of those facts to the principle or law being developed. Thus, it must have been very hard for the listeners to get a clear view of what Mendel was setting out to do. (J. Hered. Bd. 78)

Damit es dem Leser und mir nicht ebenso geht wie Mendel und seinen Zeitgenossen, schlage ich vor, erst einmal die Zusammenfassung p. 468 ff. zu studieren: Geht es doch um nichts weniger als die Vollendung des Mendelschen Ansatzes durch den gründlichen Ausbau des genetisch-plasmatischen Artbegriffs (Lamprecht) als objektive Artabgrenzung für nahezu die gesamte botanische und zoologische Systematik und den Ursprung aller Lebensformen - und damit nicht zuletzt um die existentielle Frage nach Zufall und/oder Plan im Organismenreich. Erweisen sich die wesentlichen Punkte dieser Arbeit als richtig, dann bedeutet das eine der einschneidensten Veränderungen in der gesamten Biologie. So bedeutet die Ableitung des Gesetzes der Rekurrenten Variation in der Mutationsforschung - komplementär zum oben zitierten Artbegriff - eine völlige Neuorientierung zum Mutationsbegriff und daraus resultierenden Entwicklungsvorstellungen (vgl. pp. 346 - 372, und 548/549). Auf die Dauer wird es sich jedenfalls kein Fachgebiet leisten können, ganze Serien von Tatsachenkomplexen und daraus abzuleitende Schlussfolgerungen zu ignorieren, nur weil sie nicht in die bisherigen Konzepte passen oder persönlichen Vorurteilen im Wege stehen. Auf das evolutionistische Denkverbot: "Frage auch bei den komplexesten und genialsten Konstruktionen in der Natur niemals nach dem Konstrukteur" bin ich auf p. 593 zu sprechen gekommen (vgl. auch pp. 283 - 290).

Der induktive Aufbau der Arbeit hat auch seine Vorteile: Zu den offenen Fragen werden nicht von vornherein bestimmte Ideen und Voraussetzungen als richtig und unantastbar suggeriert (wie das in der heutigen evolutionistischen Literatur gang und gäbe ist). Statt dessen wird zu den essentiellen Punkten und Fragen ein möglichst umfangreiches Tatsachenmaterial aufgeführt und auf dieser Basis dann die Schlussfolgerungen gezogen.

Ich bin mir dabei der Voraussetzungen, Möglichkeiten und Grenzen der induktiven Methodik durchaus bewusst, kann aber der vollkommenen Relativierung Poppers nicht folgen. Vielmehr identifiziere ich mich in weiten Bereichen mit den Kommentaren von Theocharis und Psimopoulos 1987, pp. 595 - 598 (WHERE SCIENCE HAS GONE WRONG; Nature 329), deren Kritik ich zu dieser Problematik hier empfehlen möchte, ohne ihnen jedoch in allen Details zuzustimmen (vgl. z.B. p. 207 meiner Arbeit).

Eine erprobte Methode, induktive Arbeiten systematisch und gründlich durchzuarbeiten, ist ein fester Zeitplan für 10 - 15 Seiten pro Tag und gute Notizen.

Schließlich bitte ich den Leser, mich auf Fehler und Fragen aufmerksam zu machen. Bei einer so umfangreichen Arbeit kann man immer mal etwas übersehen, so dass ich für jeden konstruktiv-kritischen Hinweis dankbar bin!

 

Wolf-Ekkehard Lönnig; Köln im Juni 1988

 


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